Querbelichtet: Robert Mertens – Die Kreativität des Anfangs

. Wir freuen uns sehr, dass wir fotocommunity-Mitglied Robert Mertens – Fotograf, Fotokünstler und Referent – dafür gewinnen konnten, für einige Zeit jetzt regelmäßig Artikel für den Blog der fotocommunity zu schreiben. Danke Robert!
Folge 1: Die Kreativität des Anfangs Kennt ihr auch diese Momente, wenn man etwas zum allerersten Mal machen möchte? Man weiß noch nicht, wie man es realisieren kann, hat aber bereits die tollsten Ideen dazu im Kopf. Und erinnert ihr euch auch, wie viel Spass gerade dieses Nachdenken darüber gemacht hat – alleine oder mit anderen – immer mit ganz viel Phantasie und total verrückten Einfällen. Und dann die Umsetzung der Ideen, das viele Ausprobieren, Experimentieren, die vielen Versuche und später die Erkenntnis, dass der Hubschrauberlandeplatz auf dem Baumhaus doch nur von sehr kleinen Maschinen angeflogen werden kann. Das alles hat enorm viel Spass gemacht – und wie stolz waren wir, wenn dann endlich alles fertig war. Zwar ganz anders als gedacht, aber irgendwie auch einzigartig, besonders und ziemlich abgefahren. Das ist die Kreativität des Anfangs. Wenn wir einmal genau hinsehen, fängt alles irgendwann immer an – das Leben im Allgemeinen, Begegnungen der unterschiedlichsten Art, das Fotografieren als Ausdruck eigener Gedanken und Gefühle oder eben dieser Blog zur kreativen Fotopraxis. Und jedes Mal ist es auch irgendwie ein ganz spezieller, in manchen Fällen sogar ein magischer Moment. Der Moment, an dem die neue Kamera noch verpackt vor einem liegt – und kurz darauf das Gefühl, der Geruch von Neuem, das Geräusch, wenn man den Auslöser betätigt. Oder dieser intensive Moment der ersten Ausstellung. Das Auswählen der Bilder, das Gefühl, wenn die Bilder dann vom Drucker kommen und später gerahmt an der Wand hängen. Alle Sinne sind aktiv und erleben ein Feuerwerk von neuen Eindrücken, die auch Jahre später noch abrufbar sind – meist mit einem positiven Gefühl verbunden – und uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Ich bin mir ganz sicher, dass jeder solche Erinnerungen als positive Ereignisse auf der inneren Festplatte liegen hat. »Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.« Das wusste auch bereits Hermann Hesse. Aber wie das so mit einem Zauber ist: Er verfliegt mit der Zeit. Verändert sich – und es tritt die Gewohnheit auf den Plan und mit ihr das Normale und oft auch die Langeweile. Dabei strahlt in der Fotografie ganz besonders dieser Anfang seine ganz eigene Kreativität aus. Denn jedes Mal, wenn wir für uns mit etwas (vollkommen) Neuem beschäftigen, sind wir in unseren Gedanken und Ideen frei von alten Vorgaben, Gewohnheiten und festen Strukturen. Wir gehen dann keine ausgetretenen Pfade mehr, sondern haben die Chance einen eigenen Weg für uns neu zu erforschen. »Folge nicht der Richtung, die der Weg dir weist, sondern gehe dorthin, wo es keinen Weg gibt, und lasse einen Pfad zurück.« (Ralph Waldo Emerson) Im Grunde geht es also in der kreativen Fotopraxis einfach darum, öfters einmal frei und unvorbelastet auf etwas Neues zuzugehen, sich spielerisch einem Thema zu nähern, mehr zu experimentieren oder zu improvisieren. Denn als quasi »Experten« eines Themas haben wir immer viel zu schnell eine Lösung parat und ein fertiges Bild im Kopf. Der »Anfänger« dagegen hat die Chance nach eigenen und neuen Lösungen zu suchen ohne die Begrenzung von zuviel vorhandenem Wissen. Öfter einmal etwas NEUES ausprobieren! Konkret bedeutet das für unsere Fotografie: Einfach immer mal wieder etwas vollkommen Neues fotografieren – oder anders zu fotografieren, als wir es üblicherweise tun. Aber wie kann das aussehen? Wer bislang nur Landschaften oder Architektur fotografiert hat, probiert es mit der Portrait-Fotografie. Wer bislang nur tagsüber fotografiert hat, nimmt die Kamera beim nächsten Nachtspaziergang einfach mal mit und lässt sich von den neuen Möglichkeiten überraschen. Wer immer nur mit seinem gesamten Fotoequipment aus dem Haus geht, reduziert sich auf eine Kamera oder nimmt sogar nur sein iPhone mit. Sicher gibt es noch zahlreiche weitere Möglichkeiten fotografisches Neuland zu betreten und jedes neue Thema verändert und erweitert so ganz nebenbei unseren Blick auf die eigenen Vorlieben und Interessen. Dabei geht es übrigens nicht darum gleich Bilder für die Galerie zu erhalten, sondern mehr um den Anfang einer Veränderung in unserem Sehen und Denken. Sicherlich braucht es ein wenig Mut hin und wieder etwas Neues zu fotografieren – aber es gibt uns die Chance, unsere ausgetretenen Trampelpfade zu verlassen. Und auf den neuen Wegen fällt so ganz nebenbei die ein oder andere interessante und kreative Idee für unsere Lieblingsmotive ab. [caption id="attachment_22224" align="aligncenter" width="600"]Robert Mertens - querbelichtet inspiriert Robert Mertens – querbelichtet inspiriert[/caption] Das Bild oben zeigt übrigens gleich zwei »Anfänge«: erstens ist es der Versuch ein Selbstportrait zu erstellen – und ich mag es überhaupt nicht fotografiert zu werden 🙂 … und zweitens ist es – völlig untypisch für meine normale Arbeitsweise – sehr spontan und mit einem iPhone entstanden. Aus diesen »Veränderungen« und aus der Kombination der beiden neuen Wege haben sich gleich wieder etliche neue und spannende Impulse für meine »normale« fotografische Arbeit ergeben. Probiert es selbst einmal aus! Nutzt den »Zauber des Anfangs« für eure Kreativität und postet eure »neuen« Bilder unter diesem Beitrag – schreibt bitte auch, wie es euch damit ergangen ist neue und kreative Anfänge für euch zu entdecken. Ich wünsche euch viel Spass dabei.
Roberte Mertens - querbelichtet inspiriert Robert Mertens befasst sich als Fotograf, Fotokünstler und Referent (u.a. für die Leica Akademie Masterclass) seit vielen Jahren intensiv mit Kreativität, Bildkonzepten und Kompositionen. Seine oft ins Abstrakte gehende Bildsprache ist geprägt durch Reduktion und Einfachheit mit intensiver Konzentration auf Aussage und Wirkung. An Büchern erschien bislang die zum „Deutschen Fotobuchpreis 2013“ nominierte „Kreative Fotopraxis“ – die 2014 um das Thema „Bildsprache/-gestaltung“ erweitert wird. Neben den Impulsen zum Querdenken, bewussten Sehen und kreativen Fotografieren werden seine Workshops immer wieder durch eine ganz spezielle Annäherung an die Bildbearbeitung ergänzt. Weitere Informationen unter http://www.robertmertens.com]]>

12 Comments:
15. August 2013

Wäre schön, wenn Kreativität nicht mit dem millionsten ultrascharfen, im richtigen Verhältnis, Winkel, Linie aufgenommen Foto einhergeht! Revolution! 😉

11. August 2013

Schöner Artikel, aus dem sicher jeder, der einmal etwas anderes probieren und seine gewohnten (ausgetretenen) Pfade verlassen will, etwas für sich herausziehen kann. Das hier in der FC gezeigte Portfolio ist auf jeden Fall auch mehr als nur einen Blick wert.
Freue mich auf mehr.

8. August 2013

Deine Worte bestärken mich einmal mehr in dem, was ich fotografisch versuche.
Dein Buch fand ich schon ganz großartig und der Artikel ist es auch. Dazu habe ich das große Glück, unter meinen Fotofreunden auch solch einen Kreativen zu haben….

8. August 2013

Ich experimentiere zur Zeit mit meinem neuen LensBaby, versuche neue Blickwinkel zu erschließen… weg von bunten Blümchen und Bienchen.
Es ist nicht einfach, die gewohnten Pfade zu verlassen, aber es macht riesig Spaß.
Der Artikel macht mir Mut weiter zu experimentieren, auch wenn es nicht jedem gefällt.
Danke Robert für diesen mutmachenden Artikel!

7. August 2013

»Folge nicht der Richtung, die der Weg dir weist, sondern gehe dorthin, wo es keinen Weg gibt, und lasse einen Pfad zurück.« (Ralph Waldo Emerson)

Alleine schon dieser Satz, macht das ganze Thema spannend. Ich denke gerade im Neuen liegt der Reiz, andere Blickwinkel zu erforschen, andere Meinungen zu bekommen, sich weiter entwickeln……..
Danke für die Anregungen, ein Foto habe ich hierzu heute hochgeladen, bin gespannt……………………………………

7. August 2013

mit Deinen Ideen und Deinem ansprechenden Text läufst Du bei mir offene Türen ein..
Gewohnheiten, Monotonie, Einschränkungen das sind keine guten Motoren für Neues, Spannendes…
Tun wir immer das was wir können bleiben wir der, der wir sind..
Ich bin allerdings auch sicher, das viele Menschen beim Gewohnten bleiben, um einen gewissen Leistungsstandard zu erhalten.
Neues probieren ist nicht nur spanned sondern bringt auch Risiken und Rückschläge ( wenn man das dann so empfindet)
Für mich sind neue Wege immer eine spannende Abwechslung u. ich gestatte mir dann auch den Status eines Lernenden.. mit allen Erfahrungen und Fehlern
(aus denen man bekanntlich lernt)

Zum Schluss noch ein dickes Lob zu Deinem Buch: Kreative Fotopraxis

Ein absolut starkes und spannendes Buch das mich, wann immer ich es zur Hand nehme neu begeistert und inspiriert….

7. August 2013

Habe heute damit angefangen … und schon machts Spaß
[fc-foto:31680099]

7. August 2013

Lustig, gerade heute habe ich beim Fotografieren mit dem Makro, bei dem ich sonst immer an möglichst präziser Schärfe herumfeile, mal bewusst unscharf gestellt und einfach Farbeindrücke eingesammelt. Das hat Spaß gemacht.

7. August 2013

Ziemlich schön geschrieben!
Ich fühlte mich spontan von der Überschrift angesprochen und dein/der Text spricht mir aus dem Herzen. Habe gerade erst „was Neues“ ausprobieren wollen, aufgrund eines Kreativ-Projektes im Forum. Liess mich also davon inspirieren, nicht einfach meine bisher gemachten Bilder vorzustellen, oder das passende zu finden, sondern eine Herausforderung anzunehmen und gezielt etwas fotografieren. Habe eine schon etwas ältere Leidenschaft genommen und sie mit dem „Neuen“ kombiniert. Ich mag Gewitter und versuche Blitze zu fotografieren (davon allerdings habe ich auch schon so einige) und das Thema im Projekt war Spiegelung. Also habe ich das Fenster ausgerichtet und wollte die eine Hälfte des Bildes den realen Blitz und in der anderen Hälfte (der Fenster-Scheibe) die Spiegelung hinbekommen. Okay ist nicht so geworden wie ich hoffte, aaaaber es hat Spass gemacht und ich bin doch ziemlich zufrieden mit meinem ersten (!) Photo.

Grundsätzlich finde ich es immer wieder schön, sich nicht in festen Strukturen zu bewegen, sondern flexibel sich zu entwickeln. Umwelt entdecken und Möglichkeiten wahrnehmen…

6. August 2013

Im Kopf entsteht die Idee etwas Neues zu tasten, doch in der Praxis ist es meist schwerrer als gedacht. Aber alleine die Idee und der Ergeizt zählt um sie umzusetzen und zu vollenden

6. August 2013

Ich mag die Gedanken neue Wege zu gehen, der Ansatz gefällt mir

6. August 2013

!!!

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