
Nachdem uns fotocommunity Mitglied Martin Wolfert bereits in die Grundlagen der Panoramafotografie eingeführt hat, wird es heute etwas spezieller. Im zweiten Teil der Serie geht es um die Panoramafotografie mit dem Nodalpunktadapter.
Nachdem in meinem ersten Beitrag zu meiner Artikelreihe grundlegende Themen besprochen wurden, geht dieser Teil ein wenig mehr in die Tiefe der Panoramafotografie. Auch hier gilt: es führen mehrere Wege zum Ziel und ich beschreibe hier meinen persönlichen Weg.
Für die praktische Umsetzung des heutigen Teiles werdet Ihr deutlich mehr an spezieller Ausrüstung benötigen. Da eine Marktübersicht für Panoramaequipment diesen Artikel sprengen würde, möchte ich mich an dieser Stelle gerne auf das von mir eingesetzte Equipment beschränken.
Mein Equipment im Detail
Hardware:
- Stativ
- diverse Nodalpunktadapter
- Kugelkopf oder Nivelliervorrichtung (je nach Nodalpunktadapter)
- Rotator
- D300s / D800
- rasiertes Nikon 10.5 f/2.8 Fischauge
- Funkfernauslöser
Software:
- Adobe Lightroom
- Adobe Photoshop
Ein Stativ erwähne ich nicht extra. Das sollte generell zur Grundausstattung eines Fotografen gehören.
Weitere Equipment Details
Je nach Anforderung und Motiv setze ich zwei unterschiedliche Nodalpunktadapter / Kamera-Kombinationen ein:
- den Nodal Ninja 5 und die Nikon D300s für ein- und mehrreihige,
- den KISS von pt4pano und die Nikon D800 für einreihige Panoramen (auch vom Einbein- und Polestativ). In der Regel nutze ich jedoch meist die Nikon D800 zusammen mit dem KISS Nodalpunktadapter, da diese Kombination gerade auf Städtetouren und Wanderungen in Verbindung mit einem Einbeinstativ sehr leicht und damit auch einfach zu transportieren ist.
- An allen Kombinationen nutze ich ein rasiertes (entfernte Sonnenblende) Nikon DX 10.5 f/2.8 Fischaugenobjektiv.
- Um die Kamera waagerecht ausrichten zu können, benutze ich beim KISS einen Kugelkopf zwischen Nodalpunktadapter und Stativ, den Nodal Ninja 5 Adapter nivelliere ich mit dem EZ-Leveler. Für die gradgenaue Rotation des KISS nutze ich den „Rotator“ von pt4pano, für den Nodal Ninja 5 den RD3L von Nodal Ninja.
- Ein Funkfernauslöser ist bei der Panoramafotografie vom Stativ unumgänglich, um versehentliche Verschiebungen und Verwackelungen des Stativs zu vermeiden; hier gilt dasselbe wie für Langzeitbelichtungen und Nachtaufnahmen: „don’t touch your cam“.
Tipp: Zur Not hilft auch der Selbstauslöser der Kamera. Passt auf, dass Ihr bei der Bewegung um das Stativ herum nicht über die Stativbeine stolpert.
Der Nodalpunktadapter
So, nun aber mal Butter bei die Fische: Was ist eigentlich ein Nodalpunktadapter und warum brauch ich den überhaupt? Das ist im Prinzip ganz simpel erklärt: Ein Nodalpunktadapter stellt sicher, dass man die Kamera / Objektivkombination problemlos um die optische Achse des Objektives (Nodalpunkt) drehen kann, um den sogenannten Parallaxeneffekt zu vermeiden.
Der Parallax-Effekt
Den Parallaxe-Effekt kann man einfach selbst nachvollziehen: Man schließt ein Auge und hält seine beiden Daumen in einer Linie vor das offene Auge. Dinen Daumen möglichst nah an das offene Auge, den anderen möglichst weit weg. Dreht man nun den Kopf nach links und rechts verschieben sich die beiden Daumen gegeneinander, da man den Kopf um die Wirbelsäule als (optische) Achse dreht und nicht um die optische Achse des Auges.
Unterschiedliche Nodalpunktadapter
Wo liegt der Unterschied zwischen den von mir eingesetzten Nodalpunktadaptern?
Der Nodal Ninja ist ein verstellbares (Schienen) System, um mit unterschiedlichen Kamera / Objektivkombinationen ein- und mehrreihige Panoramen fotografieren zu können. Dabei ist es zwingend notwendig für jede Kamera / Objektiv Kombination den korrekten Nodalpunkt individuell einzustellen.
Der KISS Nodalpunktadapter ist speziell für nur eine Kamera / Objektiv Kombination gefertigt, der korrekte Nodalpunkt ist dabei schon von pt4pano, aufs Genaueste berechnet und somit vorgegeben.

In diesem Artikel geht es nur um die Nutzung des Nodal Ninja 5 Adapter. Im Folgenden Artikel stelle ich dann den KISS Adapter vor.
Den Nodalpunkt ermitteln
Im ersten Schritt ermitteln wir einen möglichst korrekten Nodalpunkt und stellen diesen dann ein. Dabei muss man die Kamera mittig „links und rechts“, als auch korrekt nach „vorne und hinten“ einstellen. Das ist etwas Arbeit, aber ohne Fleiß kein Preis.
Die mittige Ausrichtung „links und rechts“ ist einfach und schnell umzusetzen: Man positioniert die Kamera senkrecht nach unten, so dass diese genau auf die Mitte des Drehpunktes des Nodal Ninja zeigt. Gut, dass der Nodal Ninja eine Arte Zielscheibe bereitstellt und man mit Hilfe der AF-Punkte so recht genau zielen kann.

Die „vorne und hinten“ Einstellung ist ein wenig zeitintensiver, da für ein möglichst genaues Resultat sicherheitshalber ein paar Testbilder gemacht und am PC ausgewertet werden sollten.
Man sucht sich zwei gerade, vertikale Linien; also Laternen, Häuserecken, Schilder etc. Eine der Linien sollte sich möglichst nah vor dem Objektiv befinden, die andere möglichst weit weg. Nun stellt man die Kamera mit Nodalpunktadapter so auf, dass die beiden Linien in einer ungefähren Flucht zu sehen sind.
Beim Drehen des Nodalpunktadapters nach links und nach rechts sieht man beim Blick durch den Sucher im Liveview, wie sich die gewählten Linien gegeneinander verschieben. Diese Verschiebung korrigiert man, in dem man die Kamera auf dem Nodalpunktadapter nach vorne oder nach hinten schiebt. Man muss ein wenig experimentieren um zu einem korrekten Ergebnis zu kommen.
Werte notieren
Der Nodal Ninja 5 hat diverse Skalen, deren Werte man sich nach der korrekten Einstellung des Nodalpunktes notieren sollte; vor allem wenn man mit unterschiedlichen Kameras und Brennweiten arbeitet.



Das Shooting beginnt
Nachdem der Nodalpunktadapter eingestellt ist, kann das erste Shooting der Einzelbilder losgehen. Aber halt, um wie viel Grad / Klickstops pro Bild muss ich denn die auf dem Nodalpunktadapter montierte Kamera drehen, um eine optimale Überlappung zu bekommen?
Natürlich kann man das sauber mathematisch berechnen, Google nach Listen dafür befragen oder es einfach auch ausprobieren. Wie schon im ersten Artikel beschrieben, sind 20-30% Überlappung i.d.R. ausreichend; Ausnahmen bestätigen die Regel.
Mein Tipp: Probiert einfach aus, um wie viel Grad der Nodalpunktadapter mit Eurer Kamera-Objektivkombination gedreht werden muss, damit eine optimale Überlappung erreicht wird. Das trainiert gleich den Workflow, geht fix und muss eigentlich auch nur einmal gemacht und gemerkt werden.
Bei der für diesen Artikel verwendeten Kombination aus Nikon D300s und Nikon 10.5mm Fischauge genügen sechs Bilder – also ein Bild alle 60° – um ein komplettes 360° Panorama zu fotografieren.
Ehe wir uns nun ans Werk machen, rufen wir uns die gelernten Basics in Bezug auf die manuellen Kameraeinstellungen aus dem ersten Artikel ins Gedächtnis zurück. Nun ist es sehr wichtig, den Nodal Ninja 5 mithilfe des RZ-Levellers „ins Wasser“ zu stellen und den Fernauslöser anzuschließen.
Panoramen mit viel Bewegung
Wenn Ihr Panoramen mit viel Bewegungen darin, z.B. in einer Fußgängerzone, fotografiert, dann macht besser ein Bild pro Sektor mehr als eines zu wenig. Dann habt Ihr für den Stitchingprozeß mehr Material zum Ausmaskieren. Habt Ihr die Einzelbilder dann im Kasten, möchte ich auf den Lightroom-Workflow in meinem ersten Artikel verweisen.
Importieren und Stitchen
Nach der ersten Retusche in Lightroom geht es nun darum, die Bilder in PTGui zu importieren und das Panorama zu stitchen. Ich bitte um Euer Verständnis, dass ich an dieser Stelle im Schweinsgalopp über die grundlegendsten Funktionen und Einstellungen von PTGui gehe; detailliertere Erklärungen würden diesen Artikel sprengen. Auf weitergehende und auch spezielle Einstellungen in PTGui gehe ich in den nächsten Artikeln ein.
Für meine weiteren Ausführungen habe ich eines meiner älteren Panoramen aus 2010 herausgesucht, da dieses einreihig mit der D300s, dem 10.5 mm Fischauge und dem Nodal Ninja 5 erstellt wurden. Das Motiv zeigt den Haydnplatz in Karlsruhe im Sommer.

Nach dem exportieren der Einzelbilder als 16-Bit TIF-Datei aus Lightroom, importieren wir die Bilder in PTGui mittels einem Klick auf „Load images …“
PTGui
Nach dem Import sollte PTGui die Objektivdaten korrekt anzeigen; in diesem Falle ein „Full Frame Fisheye“ mit einer Brennweite von 10.5 mm an einer APS-C Kamera mit einem Verlängerungsfaktor von 1,523. Das Setzen des Hakens bei „Automatic (use EXIF data …)“ sollte in 99% der Fälle ein optimales Stiching-Ergebnis liefern, so dass das Anpassen dieser Werte von Hand eher selten nötig ist.

Auch alle anderen Werte, die PTGui in den Einstellungen anbietet. können erst einmal im Standard beibehalten werden. Der Klick auf „Align Images …“ lässt PTGui wissen, dass die Einzelbilder in einer Art Vorschau zusammengefügt werden sollen.
Nachdem PTGui die Einzelbilder zu einem Panorama zusammengefügt und angezeigt hat, müssen wir PTGui mitteilen, in welchem Dateiformat das Panoramabild final bereitgestellt werden soll. Diese Einstellungen finden sich im Reiter „Create Panorama“. Da ich meine Panoramen nach dem Stitchen immer noch mit Photoshop nachbearbeite, nutze ich ausschließlich den Export als fertig überblendetes 16-Bit TIF („Blendet Panorama only“).
In der Regel entferne ich den Haken bei „Use fast transform“ und setze den Wert für den Interpolator – dieser sorgt dafür, dass die Einzelbilder sauber auf „Lanzcos8 (Sinc256)“ überblendet werden.

Klickt man auf „Create Panorama“, stitcht, überblendet und exportiert PTGui die Einzelbilder zu einem perfekt gestitchten Panoramas. PTGui tut dies im Übrigen deutlich schneller als z.B. Photomerge. Der finale Schritt im Workflow besteht nun noch darin, dass entstandene Panorama nach seinem Gusto nachzubearbeiten und zu beschneiden.
Der Weg zu guten Panoramen führt nur über einen reproduzierbaren Workflow. Das heißt: üben, üben und nochmals üben; vor allem da wir die Thematik der Panoramafotografie gerade erst oberflächlich angekratzt haben.
Zum Schluss dieses Artikels möchte ich alle motivieren: Lasst Euch von den vielen Fehlversuchen, die ihr beim korrekten Bauen von 360° Panoramen erfahren werdet, nicht entmutigen. Spätestens wenn Ihr das erste 360° Panorama formatfüllend im Wohnzimmer aufgehängt habt, sind alle Mühen vergessen!
so ein pano wirkt an der wand echt dekorativ…im übrigen nutze ich einen fernauslöser.
lg henryk
(kugelpano.at)
@DigiFokus
Der Selbstauslöser mit 2 sec. Wartezeit reicht mir normalerweis auch völlig.
Allerdings gab es schon Situationen, wo es etwas heikel war, ganz um das Stativ herum zu tänzeln wg. der Gegebenheiten (felsiger Grat u.ä.), da habe ich einen Fernauslöser schon vermisst.
Die volle Wirksamkeit eines sphärischen Panos entfaltet sich nach meinem Geschmack nicht mehr auf einer 2D-Projektion, sei sie auch ordentlich groß, sondern mit einer entsprechenden interaktiven Animation und das auf einem genügend großem Monitor. Was damit geht und welche atemberaubenden Einblicke möglich sind, kann man auf mountainpanoramas.com genießen.
Servus
Dietrich
Vielen Dank dem Autoren für seine Mühe.
Zitat: „Ein Funkfernauslöser ist bei der Panoramafotografie vom Stativ unumgänglich“
Das es nun ein Funkauslöser sein muss, nun ja, es kann jeder Art von FERNauslöser verwendet werden. 😉
Die Unumgänglichkeit einer Fernauslösung als solches würde ich aber ein wenig entschärfen und vielleicht dann als wichtig erachten, wenn bei ungünstigen Lichtbedingungen Belichtungsreihen oder ebenda Langzeitbelichtungen angefertigt werden müssen. Da viele meiner 360*180° Kugelpanoramen mit einem 8 mm Fishauge, Objektivringadapter und Einbeinstativ entstehen, kann ich selbst mit einer Libelle nie so genau arbeiten, wie mit einem Dreibein und habe zwangsläufig keine deckenden Überlappungen. Selbst beim Drehen des Adapters auf dem Dreibein muss ein gewisser Versatz einkalkuliert werden, so dass das Endbild der Reihe nicht nahtlos in das Anfangsbild übergehen wird. Ebenso beim Neigen des Adapters für die nächste Reihe.
Da viele der heutigen Stitchingsoftware die Extremverzerrungen von Fisheys richtig gut im Griff haben, sollte minimale Ungenauigkeiten und Versatz kein Problem darstellen, auch bei mehrreihigen Panoramen nicht.
Sofern kein Fernauslöser bei der Hand, tut es im Übrigen auch die gute alte Selbstauslösefunktion. Ich nutze hier z.B. 2 Sekunden, um mich bis zur Auslösung der Kamera beim Einbein auf die Libelle und eine möglichst lotrechte Ausrichtung konzentrieren kann.